Wie man den Wettbewerb schlägt

In 2005 veröffentlichten W. Chan Kim und Renée A. Mauborgne ihre „Blue Ocean Strategy. Es war der erste Versuch außerhalb der bis dato dominierenden Management-Lehre von Michael Porter zu denken. Nach Porter und seinem „Five Forces“-Ansatz galt es eine Industrie aufgrund der fünf Treiber (Potenzielle Konkurrenten, Lieferanten, Abnehmer, Ersatzprodukte und Wettbewerber) tief zu analysieren, um das eigene Unternehmen optimal vis-a-vis zu positionieren.

 

Kim´s und Mauborgne Ansatz war jedoch ein gänzlich anderer. Sie fragten sich, ob es für Unternehmen nicht mehr Sinn machen würde ihre Wettbewerber links liegen zu lassen. Anstatt sich in einem roten Ozean (ein Markt mit hohem Wettbewerb) immer weiter vom Wettbewerb auszudifferenzieren, sollten Unternehmen versuchen einen blauen Ozean (ein Markt mit keinem bzw. geringem Wettbewerb) für sich zu erschließen. Es geht also darum den Wettbewerb zu schlagen, ohne ihn selbst zu schlagen.

 

Ein gutes Beispiel hierfür ist die US-Fluggesellschaft Southwest Airlines. Das Unternehmen wurde 1967 von Herb Kelleher gegründet. Damals bestand in den USA kein Bedarf nach einer neuen Fluggesellschaft, so dachte man. Der Markt war ein roter Ozean durch und durch. Es wimmelte nur so von Wettbewerbern, die bereits seit Jahren den Markt dominierten. Und auch die hohen Investitionskosten stellten eine beachtliche Einstiegshürde dar. Und dennoch entschieden sich Kelleher und seine Mitgründer dazu eine neue Fluggesellschaft auf den Markt zu bringen. Sie nahmen sich jedoch nicht die bestehenden Fluggesellschaften als Wettbewerb, sondern das Automobil.

Herb Kelleher revolutionierte die US-Flugindustrie, indem er sich das Automobil als Wettbewerb aussuchte und nicht die etablierten Airlines. (Bild: bulletrain743/pixabay)

Kelleher und seine Mitgründer stellten nämlich fest, dass die Amerikaner*innen ihre Autos für Direktfahrten zwischen mittelgroßen Städten nutzten. Das waren Verbindungen, die die etablierten Fluggesellschaften nicht als Direktflüge anboten. Man musste immer über einen der großen Hubs fliegen und mindestens einmal umsteigen. Bei einem Direktflug wäre das Flugzeug jedoch schneller als das Auto. Alles andere, Drehkreuz im Flugverkehr, Platzwahl, Lounges und Bordverpflegung wurden auf das Minimum heruntergeschraubt. Dadurch schaffte es Southwest, dass der Flug kaum teurer war als die Fahrt mit dem eigenen Auto. Und darüber hinaus bot das Unternehmen einen freundlichen Service an, der die Fluggäste begeisterte.

 

Damit war die erste Billigfluglinie der USA geboren. Überraschenderweise dauerte es Jahre, bis die etablierten Fluggesellschaften anfingen eigene Billigflugableger zu gründen, jedoch konnte keine Southwest das Wasser reichen. In der ganzen Unternehmensgeschichte schrieb das Unternehmen nur während der Corona-Pandemie rote Zahlen. Gemessen an den beförderten Passagierzahlen ist sie die größte Fluggesellschaft der Welt (163,9 Millionen in 2019).

 

Ich persönlich kann das Buch „Blue Ocean Strategy“ von Kim und Mauborgne jedem nur wärmstens empfehlen. Und wenn ich schreibe jedem, so meine ich jedem. Egal ob Unternehmenslenker*in oder Mitarbeiter*in. Anstatt sich mit dem Wettbewerb zu messen und zu schauen, was dieser macht, sollte man sich lieber fragen: Was kann ich, was sonst keiner im Unternehmen kann? Welches ungelöste Problem kann ich lösen, an das sich keiner rantraut? Und wenn man dann seinen blauen Ozean gefunden hat, dann sollte man die Chance ergreifen und diesen besetzen.

 

 

 

(Titelbild: hbieser/pixabay)

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