Führung durch Vorbild

Am 15. März 1967 gründeten Herb Kelleher und Rollin King die US-Fluggesellschaft Air Southwest, die später zu Southwest Airlines umbenannt wurde. Die Fluggesellschaft ist heute die profitabelste in ihrer Branche und die größte Fluggesellschaft der Welt, gemessen an den beförderten Passagieren.

 

Das Unternehmen setzte im Laufe seines Bestehens zahlreiche Standards in der Branche, dazu gehört unter anderem die Geburtsstunde der Low-Cost-Carriers, wie wir sie heute kennen. Insbesondere in der Anfangszeit hatte es Southwest jedoch alles andere als leicht. Als die etablierten US-Fluggesellschaften merkten, dass Southwest mit dem Low-Cost-Ansatz Erfolg hat, setzten sie alles daran, um den Newcomer aus der Branche zu drängen.

 

Dazu zählte z.B. die Einkassierung eines der vier Flugzeuge, die Southwest in der Anfangszeit nutzte. Das geschah wohlgemerkt auf behördliche Anweisung. Damit konnte das Unternehmen die bestehenden hochfrequentierten Verbindungen nicht mehr aufrechterhalten. Was also tun, bis das vierte Flugzeug wieder zur Verfügung steht?

 

Herb und sein Team entschieden sich für den Angriff und setzten damit einen neuen Standard in der Branche. Damals brauchte es etwa 30 Minuten, um ein Flugzeug nach der Landung wieder in die Luft zu bringen. In ihrer Not schafften es die Teams von Southwest die Abfertigung der Flieger auf zehn Minuten zu reduzieren und so alle Verbindungen zu erhalten. Das ging aber nur, weil alle anpackten. So packten die Piloten mit an und halfen den Flugbegleiterinnen und -begleitern z.B. bei der Reinigung des Innenraums.

 

„In der Anfangszeit brauchte Southwest einen Anwalt mehr als alles andere“, sollte Herb später immer wieder in Interviews betonen. Gut, dass er von Haus einer war. Aber es brauchte auch noch etwas anderes: engagierte Mitarbeiter*innen.

Es sind die Mitarbeiter*innen und ihre Ideen, die all den Davids dieser Welt zum Sieg über die Goliaths verhelfen. (Bild: Alena Darmel/pexels)

2009 hielten Southwest Airlines und American Airlines am selben Tag in Dalles, wo beide Unternehmen ihren Hauptsitz haben, ihre Hauptversammlung ab. Die Versammlung von American wurde von der Pilotengewerkschaft APA bestreikt. Auf der Versammlung von Southwest wurde Herb Kelleher nach 37 Jahren in den Ruhestand verabschiedet. Die Pilotengewerkschaft von Southwest investierte ein kleines Vermögen, um landesweit in Tageszeitungen, wie USA Today, ganzseitige Anzeigen zu schalten, um sich bei Herb für seine 37 Dienstjahre zu bedanken sowie für die Unterstützung der Gewerkschaft und ihrer Piloten. Ein kleiner Unterschied, oder?

 

Die Botschaft: Behandle deine Mitarbeiter*innen wie Kunden. Denn nur mit ihrer Hilfe gelingt es kleinen Playern eine Branche vollständig auf den Kop zu stellen. Es sind die Ideen, die all den Davids dieser Welt zum Sieg über die Goliaths verhelfen.

 

Letzte Woche hatte ich einen Mind Blowing Moment. Ich erkannte, dass man nicht zwingend ein guter Mensch sein muss, um Herausragendes zu leisten. Man muss auch nicht besonders freundlich mit seinen Mitarbeitern umgehen. Der CEO von Ryanair, Michael O’Leary, schaute sich vor Ort alles bei Southwest ab, um Ryanair wieder in die Spur zu bringen. Nur eine Sache übernahm er nicht. Das Motto von Herb Kelleher, das längst zur Identität von Southwest wurde: Mitarbeiter zuerst. Und trotzdem ist Ryanair der wohl erfolgreichste Low-Cost-Carrier Europas.

 

Ich erkannte aber auch, dass ich die Wahl habe, zu wem ich aufschauen und wem ich nacheifern möchte. Für mich ist das Herb Kelleher und nicht Michael O’Leary.

 

 

 

(Titelbild: cottonbro/pexels)

Kommentar schreiben

Kommentare: 0