Intellektuelle Demut

Einmal im Jahr ereignet sich in Omaha, im US-Bundesstaat Nebraska, ein Schauspiel, an das sich die gut 480.000 Einwohner der Stadt längst gewöhnt haben. Bei dem Ereignis handelt es sich um die Hauptversammlung der Berkshire Hathaway Inc., zu der der legendäre Investor Warren Buffett (92) und seine rechte Hand Charlie Munger (98) einladen, um sich den Fragen ihrer Investorinnen und Investoren zu stellen. Und diese strömen zu tausenden in die Stadt. Das besondere an den beiden ist, dass sie trotz ihres Reichtums, Buffett führte mehrfach die Forbes 500 Liste der reichsten Menschen der Welt an, bodenständig geblieben sind.

 

Ihre Bodenständigkeit zeigt sich nicht nur in dem, was sie sagen, sondern auch in ihrem Lebensstil. So lebt Buffett noch heute in einem Haus, das er 1958 für damals 31.500 US-Dollar gekauft hat, was einem heutigen Gegenwert von 250.000 US-Dollar entspräche. Durch Umbauten und Sanierungen wird der aktuelle Wert auf etwa 650.000 US-Dollar geschätzt. Wer auf dem Immobilienmarkt unterwegs ist, wird wissen, dass das aktuell nicht besonders viel Geld für ein Einfamilienhaus ist.

 

Doch ich habe die beiden für diesen Beitrag nicht wegen ihres Vermögens oder ihrer Bodenständigkeit ausgesucht, sondern wegen ihrer Intellektuellen Demut. Sie investieren nicht in Dinge, die sie nicht vollends verstehen und erinnern die Teilnehmer*innen ihrer Hauptversammlung immer wieder daran es ihnen gleich zu tun. Dabei beweisen sie, dass sie mit ihren gut 90 Jahren weder Humor noch Sarkasmus verloren haben, wie die folgende Aussage von Charlie Munger beweist:

 

„Viele kluge Leute denken, dass sie viel klüger sind als sie sind, und deshalb schneiden sie schlechter ab als dumme Leute. Und es ist sehr üblich, absolut brillant zu sein und zu denken, dass man viel schlauer ist, als man tatsächlich ist.“

Smart ist nicht gleich in allen Bereichen smart. Lieber nochmal studieren, anstatt sich zu blamieren. (Bild: Dziana Hasanbekava/pexels)

Wer die beiden kennt, wird wissen, dass es bei dieser Aussage um den persönlichen Kompetenzbereich eines Investors geht. Und man sollte als Investor von allem die Finger lassen, was sich außerhalb dieses Kompetenzbereichs befindet. Stattdessen sollte man zunächst in die Erweiterung des Kompetenzbereichs investieren, wenn man in Dinge außerhalb des Bereichs investieren möchte.

 

Das kann auf unterschiedliche Art und Weise geschehen. Ich musste sofort an meinen guten Freund denken, der in einem Ingenieurbüro arbeitet und wann immer er nicht weiterkommt, fragt: „Wie würdest du es machen?“ Er spekuliert nicht, wie die Lösung aussieht, sondern fragt die alten Hasen.

 

Ich musste aber auch an meine Frau denken. Seitdem wir zusammen verheiratet sind, tätigen wir unsere Investitionen immer zusammen. Sie bringt ihren nachhaltigen und langfristigen Blick auf die Dinge ein und predigt interessanter Weise ähnlich wie Buffett und Munger: „Investiere in Unternehmen, deren Produkte und Dienstleistungen du selbst nutzt. Dinge, mit denen du eine Erfahrung gemacht hast.“ Und das, obwohl sie die beiden nur vom Namen kennt.

 

Meiner Meinung nach lässt sich die intellektuelle Demut, von der Buffett und Munger sprechen, auf viele Bereiche übertragen, so auch auf die Digitalisierung. Sei kompetent in der Organisation der Lösung, anstatt bei völliger Ahnungslosigkeit anzusagen, wo es lang geht, obwohl du es selbst nicht weißt. Buffett und Munger mögen alleine angefangen haben, aber groß geworden sind sie nur durch ihr Team, das sie heute bei ihren Investitionen unterstützt.

 

 

 

(Titelbild: Marek Piwnicki/pexels)

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