In der Herbst-Winter-Saison 1977/78 brachte das Unternehmen Otto seinen einzigartigen Versandhauskatalog heraus. Der Untertitel lautete damals „Qualität auf über 1000 Seiten“. Die älteren Semester unter Euch werden sich sicherlich an den Hochglanzumschlag und die gekonnt arrangierten Produktfotos erinnern. Als russischer Spätaussiedler durfte ich mir damals selbst ein Bild davon machen, als ich 1996 nach Deutschland zog. Als ich zum ersten Mal einen dieser dicken Kataloge in den Händen hielt, war ich überrascht von der schieren Vielfalt der Produkte. Gut 40 Jahre später brachte Otto für die Herbst-Winter-Saison 2018/19 den letzten Katalog dieser Art in gedruckter Version heraus. Der Grund: Zu diesem Zeitpunkt machte Otto bereits 95 Prozent seines Umsatzes über digitale Absatzwege, unter anderem auf otto.de. Heute sind es 100 Prozent.
Ich bringe dieses Beispiel, weil es den Titel des Beitrags auf unterschiedliche Weise aufgreift. Hätte das Unternehmen Otto die Digitalisierung des Versandhandels und den damit einhergehenden Nutzengewinn für die Kunden nicht auf dem Schirm gehabt, dann würde es das Unternehmen heute wahrscheinlich so nicht mehr geben. Aus unternehmerischer Perspektive ist es also ein wunderbares Beispiel dafür, dass die Verantwortlichen bei Otto weitergedacht haben. Dazu gehört auch, dass sie sich in letzter Konsequenz von dem Katalog als Verkaufskanal getrennt haben. Denn es lohnt nicht etwas Altes zu verteidigen, wenn das Neue besser ist.
Was macht die Design-Abteilung des Otto-Katalogs heute?
Auf der anderen Seite habe ich mich gefragt, was aus den ganzen Leuten wurde, die zuvor all die Kataloge designt haben. Denn ein Katalog verkauft schließlich ganz anders als es eine Webseite tut. Dann dachte ich jedoch weiter und kam zu dem Schluss, dass der Schritt von der Katalog- zur Webseitengestaltung gar nicht so weit ist. Um genauer zu sein nur eine Weiterbildung entfernt, zumindest für den Anfang.
Bei der Generation meiner Eltern, ich bin Jahrgang 1989, hieß es immer, man solle sich eine solide Ausbildung mit meinem gut bezahlten und sicheren Arbeitsplatz suchen. Dann würden die Chancen nämlich gutstehen, dass man bis zum Renteneintritt in dem einen Berufsfeld bleiben könne. Auch heute mag es Berufsfelder geben, die einem als sicher erscheinen. Und es ist nur menschlich, seinem Sicherheitsbedürfnis nachzugeben. Mit solch einer Denkweise geht jedoch einher, dass wir uns jeglicher Verantwortung selbst weiter zu denken entziehen und uns auf andere verlassen.
Der klassische Versandhandel mit 1000 Seiten starken Katalogen ist in den vergangenen Jahren immer mehr dem Online-Handel gewichen. (Bild: StockSnap/pixabay)
Was mich wieder zu dem Otto-Beispiel bringt. Hätten die Verantwortlichen von Otto damals die Sache mit der Digitalisierung nicht weitergedacht, dann stünde es heute um das Unternehmen wahrscheinlich nicht so gut. Denn die Konkurrenz bestehend aus Zalando, Amazon und Co. hat weitergedacht. Ich möchte hier herausstellen, dass sich dieses Beispiel nicht auf die Katalogdesignerinnen und -designer dieser Welt beschränkt. Die Digitalisierung der Arbeitswelt ist nicht verhandelbar und das trifft mit hoher Wahrscheinlichkeit auch auf alle zukünftigen Transformationen zu.
Weiterbildung als Schlüssel für die berufliche Zukunft
Stattdessen möchte ich Dich dazu anregen, weiterzudenken. Was bedeutet die Digitalisierung für Dich persönlich? Bleibe jedoch nicht bei der ersten Antwort stehen. Frag Dich vielmehr: Was passiert, wenn ich mich für Schritt A entscheide? Wie könnte der darauffolgende Schritt A1 aussehen und wie Schritt A2?
Wer früher klassische Kataloge gestaltet hat, für den lohnt sich möglichweise eine Weiterbildung, um beruflich für die Zukunft gut aufgestellt zu sein. (Bild: Kaboompics.com/Pexels)
Ziehen wir nochmal unseren fiktiven Katalogdesigner heran. Dieser könnte sich zum Webseitendesigner weiterbilden. Damit hätte er einen wichtigen Schritt getan, weil es heute ohne digitale Absatzwege nicht mehr geht. Anschließend könnte er eine Vertiefung in digitales Marketing und digitalen Verkauf machen. Neben Produktentwicklung sind Marketing und Verkauf die zentralen Bereiche, die einen direkten Einfluss auf den Umsatz eines wirtschaftlich orientierten Unternehmens haben. Und machen wir uns nichts vor: Letztendlich entscheidet die Performance der Marketing- und Verkaufsleute darüber, ob all die anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Unternehmens ihr Gehalt bekommen. Und wenn unser ehemaliger Katalogdesigner Führungsqualitäten hat, dann könnte er als nächsten Schritt die Führung der Marketing- und Verkaufsabteilung des Unternehmens anstreben. Später vielleicht sogar zum Verantwortlichen für das Europageschäft des Unternehmens werden.
Zukunftsbild: Denke weiter, sonst tun es andere für Dich
Ich denke, es wird klar, was ich meine: Denke weiter, sonst tun es andere für Dich. Es ist immer leichter, sich neu zu orientieren, wenn man es freiwillig und ohne Druck machen kann. Ganz anders sieht es aus, wenn man es muss, weil man gerade seinen Job verloren hat. Ich weiß, wovon ich spreche. Direkt nach meinem Studium war ich ein Jahr lang arbeitslos. Wir hatten es allein meiner Frau zu verdanken, dass wir finanziell über die Runden kamen.
Entwickeln Sie ein Zukunftsbild und schauen Sie sich die Schritte an, die nötig sind, um dorthin zu gelangen. (Bild: kanchanachitkhamma/canva)
Ich bin davon überzeugt, dass wir Menschen auf der Welt sind, um zu wachsen. Und das digitale Zeitalter bietet uns hierzu die bisher besten Bedingungen, insbesondere in Form von Weiterbildungsmöglichkeiten zu Grenzkosten von null. Das Wissen ist da, Du musst nur zugreifen.
Ein letzter Gedanke in diesem Zusammenhang: Es kann nicht schaden, wenn Du ein berufliches Zukunftsbild von Dir entwickelst. Hierbei berufe ich mich auf alle visionären Unternehmer dieser Welt. Sie alle haben eine Vision, ein Zukunftsbild, das ihnen als Kompass dient. Denn wenn die Richtung klar ist, dann beginnen sich auch die ersten Schritte in eben diese Richtung abzuzeichnen. Denke weiter (Zukunftsbild) und gehe anschließend rückwärts, um festzustellen, welche Schritte Du gehen musst, damit Dein Zukunftsbild Wirklichkeit werden kann. Mach es besser, lebe nicht einfach so in den Tag hinein.
(Titelbild: Tima Miroshnichenko/Pexels)
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