Beim Durchgang meiner Notizen neulich, bin ich auf eine Geschichte gestoßen, die sich wunderbar dazu eignet, um das neue Jahr einzuläuten.
Im Jahr 1848 entdeckte James W. Marshall bei Sutter´s Mill nahe Coloma am American River in Kalifornien ein Goldnugget. Die Nachricht über diesen Goldfund verbreitete sich wie ein Lauffeuer im ganzen Land. Sodass es nicht lange dauert, bis sich James einer Flut von gleichgesinnten Glücksrittern gegenübersah, die sich mit Sack und Pack auf den Weg nach Kalifornien machten, um ihr Glück zu suchen.
Unter ihnen war auch der bayerische Einwanderer Levi Strauss. Der zwar auch sein Glück suchte, jedoch anders als die restlichen Glücksritter. Levi verfolgte nämlich den Schaufel-Ansatz. Er wollte daran Geld verdienen, was die anderen brauchten, um nach Gold zu schürfen. Anstatt also selbst nach Gold zu schürfen, wollte er den Glückrittern unter anderem festen Zeltstoff für ihre provisorischen Unterkünfte verkaufen.
Als er jedoch am Ort des Geschehens ankam, musste er ernüchternd feststellen, dass die Glücksritter bereits bestens mit Zelten ausgestattet waren und keinen Bedarf nach seinem besonders robusten Denim-Stoff hatten.
Es hätte wohl jeder verstanden, wenn Levi ernüchtert von seiner Erkenntnis wieder kehrt gemacht hätte. Doch wie das Leben so spielt, macht er noch eine weitere Beobachtung. Durch die harte Arbeit wurde die Arbeitskleidung der Männer dermaßen strapaziert, dass viele von ihnen nur noch Fetzen an ihrem Körper trugen. Es war offensichtlich, dass die Kleidung nicht für derart anspruchsvolle Arbeit gemacht war.
Also beschloss Levi kurzerhand den Denim-Stoff, den er ursprünglich für Zeltplanen vorgesehen hatte, umzuwidmen und daraus Arbeitskleidung zu machen. 1852 eröffnete er dann einen Kurzwaren-Handel in San Francisco und versorgte von da aus das ganze Land mit widerstandsfähiger Arbeitskleidung. Das war die Geburtsstunde der „Blue Jeans“. Eine weltweite Erfolgsgeschichte. 170 Jahre später setzt der US-amerikanische Modekonzern satte 6,2 Milliarden US-Dollar um.
Was mich zum Kern des heutigen Beitrags führt: das Potenzial der Situation nutzen. Das neue Jahr ist noch jung und es werden sich bei uns allen zahlreiche Situationen ergeben, in denen es darum gehen wird, das in ihnen liegende Potenzial zu erkennen und am Schopf zu packen.
Das kann ein Börsencrash sein, der beispielsweise durch ein geopolitisches Ereignis ausgelöst wird. Dadurch würde sich eine Möglichkeit bieten, um mit Abschlag in qualitativ hochwertige Unternehmen zu investieren.
Das kann die Transformation der Arbeitswelt oder des Arbeitsumfelds sein, wodurch sich neue Möglichkeiten für diejenigen ergeben, die offen für Neues sind.
Das kann die unerwartete Begegnung mit der Liebe unseres Lebens sein.
Das kann ein neues Jobangebot sein.
Oder was auch immer.
Letztlich besteht jedoch nicht die Schwierigkeit darin das Potenzial zu erkennen, oder es zumindest abzuschätzen, sondern es dann tatsächlich auch zu nutzen.
Dabei sind Gedanken, die einen daran hindern, nicht weit: Der Zeitpunkt ist nicht perfekt. Dieses oder jenes Kriterium ist nicht erfüllt. Es ist zu riskant.
Deshalb wird es auch dieses Jahr wieder entscheidend sein, das Potenzial in sich selbst zu erkennen, um die Situationen von weiter oben für sich nutzen zu können. Der Zeitpunkt wird nie perfekt sein. Es werden nie alle Kriterien erfüllt sein. Das Risiko wird nie null sein. Man wird sich nie bereit fühlen, bis man es dann tut. Denn das ist nun mal die Natur des Potenzials, es braucht die Möglichkeit sich zu entfalten. Und dies geschieht, wenn wir nach Größerem greifen.
(Titelbild: Bayu jefri, Pexels)
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