Digitaler Zugang als Booster für die Wirtschaft

Vor gut 22 Jahren veröffentlichte der Ökonom Jeremy Rifkin sein Buch „Access“, das mittlerweile ein Bestseller ist. In seinem Werk stellte er damals die steile These auf, dass der Mensch in Zukunft nichts mehr besitzen müsse, es reiche ihm, Produkte nutzen zu können. Damals wurde Rifkin für seine These belächelt und sogar kritisiert. Nach dem Motto „Das würde nicht funktionieren. Besitz gelte seit jeher als die Quelle von Wohlstand. Der Kapitalismus würde das nicht mitmachen.“

 

Heute, gut 22 Jahre später, wissen wir, dass es den Kapitalismus recht wenig juckt, ob der Endkunde etwas besitzt oder nicht. Wenn es dem Kunden Wert stiftet, dann ist er auch bereit dafür Geld hinzulegen. Ein gutes Beispiel hierfür ist der US-amerikanische Softwarehersteller Adobe, dessen Lösungen in den Bereichen Kreativität, Marketing und Dokumenten-Management heißbegehrt sind.

 

Adobe begann 2013 als einer der ersten Softwarehersteller die Umstellung seines Geschäftsmodelles vom einmaligen Verkauf seiner Software hin zu einem Abo-Modell. Die Marktbeobachter und Konkurrenten zweifelten am Erfolg dieses Schrittes. Doch die Verantwortlichen bei Adobe sollten Recht behalten. Seit der Umstellung konnte das Unternehmen seinen Umsatz vervierfachen. Und heutzutage hat sich das Abo-Modell zum Standardgeschäftsmodell der Softwarebranche etabliert.

 

Aber auch in der Maschinenbaubranche ist dieser Trend zu beobachten. Sogar in zwei Richtungen. Zum einen mieten die Kunden die Maschinen, wie z.B. beim Triebwerkshersteller MTU Aero Engines, und zum anderen beginnen die Hersteller selbst die Maschinen als „Access“ zu nutzen – als Zugang zu den Prozessen und Daten ihrer Kunden.

Ein digitaler Zugang bietet sowohl dem Produkthersteller als auch dem Endkunden neue Möglichkeiten. Der Kunde muss das Produkt nicht mehr kaufen und der Hersteller lernt seinen Kunden besser kennen. (Bild: C. Cagnin/pexels)

Möglich wurde das alles erst mit der voranschreitenden Digitalisierung der Wirtschaft. Insbesondere digitale Produkte und Dienste eignen sich hervorragend für das Abo-Geschäftsmodell. Allen voran lässt sich hier neben den Softwareherstellern die Medienindustrie nennen. Heutzutage muss man einen Film nicht mehr besitzen, um ihn sich anschauen zu können. Dank findiger Unternehmer wie Reed Hastings, der Netflix als Verleih von Video-DVDs startete und heute eigene Serienproduktionen Millionen von Endkunden weltweit für einen überschaubaren monatlichen Endbetrag zur Verfügung stellt.

 

Aber auch die Autoindustrie setzt ihre Hoffnung und Zukunft auf das Abo-Geschäftsmodell. Aktuell müssen Fahrzeuge aufwendig konfiguriert und gebaut werden. Zukünftig sollen die Autos mit mehr Ausstattung versehen werden, die dann nach Bedarf freigeschaltet werden kann. Das kostet die Hersteller auf den ersten Blick mehr. Gleichzeitig nimmt jedoch die Komplexität in der Fertigung ab und man kann die Extras, wie Allrad-Antrieb, Sitzheizung, Entertainment-Angebote, Einparkassistent, Autopilot etc. margenstark vermarkten.

 

Berücksichtigt man die These von Rifkin für die Automobilindustrie, dann werden wir zukünftig wohlmöglich ein Abo bei den Autoherstellern abschließen, mit dem wir dann auch zwischen Fahrzeugen nach belieben wechseln können. Heute ein Cabriolet, weil ich bei Sonnenschein über die Landstraßen cruisen möchte und morgen ein Pickup, weil ich schwere Dinge transportieren muss. Und dank dem Autonomen Fahren muss man das Fahrzeug nicht einmal selbst abholen. Es fährt einfach vor.

 

Letztlich wird nach wie vor jemand die Dinge besitzen, in diesen Beispielen die Hersteller und Anbieter der Produkte und Dienstleistungen. Den Mechanismen des Kapitalismus wird das nicht schaden.

 

 

 

(Titelbild: Christina Morillo/pexels)

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