Leader-Leader-Beziehung

Eine der autoritärsten Organisationsstrukturen unserer Gegenwart ist wohl das Militär. Sie folgt einer Leader-Follower-Beziehung. Der Leader sagt an wo es lang geht, und die Follower folgen. Einer, der damit sehr weit gekommen war, war Napoleon Bonaparte. Auf der Spitze seiner militärischen Karriere, wusste Napoleon scheinbar intuitiv, was zu tun war. Damit verdiente er sich das Vertrauen und die Gefolgschaft seiner Soldaten. Wann immer sie ein Problem hatten, wusste er die Lösung, und das mit auf sehr kreative Art und Weise. In der Neuverfilmung „Napoleon“ mit Joaquin Phoenix als Napoleon, kommt das sehr gut zur Geltung.

 

Gleichwohl hatte dieser Führungsstil auch seine Grenzen. Denn als die Lage in Europa immer komplexer und die Schlachtfelder zahlreicher wurden, nahm die Komplexität Überhand und Napoleon scheiterte.

 

Eine ebenfalls komplexe Umgebung stellt ein atomares U-Boot dar, wie beispielsweise die USS Santa Fe. Vor ein paar Monaten hatte ich bereits über die Santa Fe berichtet, dass sie einst zum Schlusslicht der US Navy zählte. Die schlechteste Performance in der Flotte, sowohl bei militärischen Übungen als auch in technischer Hinsicht, die wenigsten Empfehlungen von Offizieranwärtern in der gesamten Flotte und eine demotivierte Crew.

 

Doch alles änderte sich als Captain David Marquet das Deck betrat und sich für ein Experiment entschied. Er wollte es anders machen als die restliche Flotte. Er wollte keine Follower hervorbringen, sondern Leader. Er wollte seine Crew dazu befähigen selbst mitzudenken und Entscheidungen zu treffen, was das Beste für das Schiff und die Crew sei, anstatt auf Befehle zu warten. Er war der Meinung, dass die Crew das Schiff weit besser kannte als er es jemals kennen würde. Die Männer mussten einzig in die Lage versetzt werden das zu erkennen und die Erfahrung machen, dass sie selbst entscheiden treffen und umsetzen können.

 

In seinem Buch „Turn the Ship Around“ beschreibt David ein Manöver, das ihm mit final bestätigte, dass er es geschafft hatte, das Mindset der Männer zu transformieren. Es ging darum ein SEAL-Team auf offener See aufzunehmen. Bei den vereinbarten Koordinaten tauchte die Santa Fe aus den Tiefen des Ozeans auf, die SEALs sprangen aus einem Hubschrauber, kletterten an Board und die Santa Fe verschwand wieder in den Tiefen. Das Ganze dauerte keine 60 Sekunden, was wichtig ist, da ein U-Boot an der Wasseroberfläche schutzlos ist und leichter geortet werden kann.

 

Doch es waren nicht die 60 Sekunden, die David stolz machten, sondern das, was als nächstes folgte. Die Crew machte sich selbst Gedanken um die SEALs: Wenn die Guys aus dem Meer steigen, dann bräuchten Sie einen Raum, um ihre Kleidung zu trocknen. Wahrscheinlich werden sie auch hungrig sein. Sie werden auch ihre Ausrüstung überprüfen wollen und auch eine Mütze Schlaf wäre nicht verkehrt. Sie versetzten sich in die Lage der SEALs und bereiteten alles entsprechend vor, ohne jemals einen Befehl hierzu bekommen zu haben.

 

Eine Methode, die David nutzte, um das Mindset seiner Crew zu verändern, ist die folgende: Anstatt auf Befehle zu warten, wurden die Männer angehalten sich selbst Gedanken zu machen und diese entsprechend zu formulieren: „Petty Offices Miller, wie würden Sie es machen?“ „Sir, ich würde den Mannschaftsraum 2 vorübergehend den SEALs zur Verfügung zu stellen, damit sie dort ihre Kleidung trocknen und ihre Ausrüstung überprüfen können.“ Die Antwort des Captains: „Sehr gut, Petty Officer Miller. Machen Sie es so.“

 

Innerhalb von drei Jahren (1999 bis 2001) wurde so aus dem schlechtesten Schiff das Beste, und das zeigte sich unter anderem in der höchsten Anzahl an Offizieranwärtern der gesamten US Flotte.

 

Die Digitalisierung ist ebenfalls ein komplexes Ding, insbesondere in menschlicher Hinsicht …

 

(Titelbild: Thomas Dick)

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